Projekt des Monats (08/2017)

»Radtour durch Zeit und Raum« – Ein Kunstprojekt in drei Etappen

Das generations- und kulturübergreifende Kreativprojekt bezog Schüler/innen eines Gymnasiums im Düsseldorfer Stadtzentrum und Menschen aus dem Stadtraum bzw. aus Angeboten des Projektträgers (Senior/innen, Obdachlose) unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher kultureller Hintergründe ein. Angestrebt war ein breiter interkultureller und intergenerativer Dialog zum Thema »Fahrrad«. Gemeinsam sammelten und erstellten die Teilnehmenden in Gestaltungs- und Schreibwerkstätten großformatige Poster/Planen sowie Texte, Interviews, Gedichte oder Kurzgeschichten. Die Ergebnisse wurden in einem Text- und Bildband veröffentlicht und zum Start der Tour de France in Düsseldorf öffentlichkeitswirksam präsentiert. Das Vorhaben förderte den intergenerativen und interkulturellen Austausch und nutzte ein Großereignis, um die Stadtöffentlichkeit an den Projektergebnissen teilhaben zu lassen.

Zwischen dem 29. Juni und 2. Juli 2017 stand Düsseldorf ganz im Zeichen des Radsports. Die Tour de France startete mit dem Grand Départ – der großen Abfahrt – in der nordrhein-westfälischen Landeshaupstadt. Die Projektverantwortlichen von »Radtour durch Zeit und Raum« zeigten indes, wie es gelingen kann, einen gesellschaftlichen Austausch im Windschatten einer Großveranstaltung zu initiieren. Hauptanliegen des Kunstprojektes der Johanneskirche Stadtkirche und des Städtischen Görres-Gymnasiums war es, auf die vielen privaten und individuellen Fahrradgeschichten der Menschen aufmerksam zu machen und hierdurch einen generationen- und kulturübergreifenden Dialog über den »Drahtesel« anzuregen.

Erste Etappe: Buchprojekt und Rap

Mit einem offenen Aufruf über einen Info-Flyer sowie über das Internet und Mailings wurden Menschen dazu ermutigt, ihre persönlichen Fahrradgeschichten in Form von Kurzgeschichten, Gedichten oder Illustrationen für ein Buchprojekt zu Papier zu bringen. Darüber hinaus wurden kostenlose Schreibwerkstätten mit einer Schriftstellerin angeboten. Diese fanden im Seniorenbüro der Friedenskirchen-Gemeinde Düsseldorf, in einem Begegnungscafé der Tagesstätte für Wohnungslose der Diakonie Düsseldorf sowie am »Aktionstag Rad« der Diakonie Flingern statt. Die meisten Teilnehmer/innen verfügten über wenige bis keine Erfahrungen im kreativen oder erzählenden Schreiben. Mit der Cluster-Methode lernten die Teilnehmenden daher,  Assoziationsketten zu einzelnen Kernbegriffen zu bilden und so ihre Ideen zu vertiefen und zu strukturieren. Später tauschten sie sich über die aus diesen ersten Schreibimpulsen entstandenen Texte aus.

So entstanden insgesamt über 50 literarische und künstlerische Beiträge – einige wahr, andere absurd oder auch »nur« geträumt. Geschichten wie »Kein Fahrrad von der Stange«, »Das k(g)lau(b)t mir (k)eine/r« oder »Wer nicht hören kann, muss laufen« erzählen von den individuellen Erfahrungen der Düsseldorfer/innen mit dem Fahrrad. Zeichnungen und Fotos aus dem Projekt ergänzen die Zusammenstellung.

Etwa 20 Schüler/innen der fünften Jahrgangsstufe erarbeiteten zudem unter Anleitung einer Rapperin im Kunstunterricht Rap-Texte zum Thema Fahrrad. Diese wurden mit einem Beat hinterlegt, eingeübt und zur »Lesung mit Rap« im Foyer-Café der Johanneskirche öffentlich präsentiert. Neben der Darbietung der Kinder wurden in diesem Rahmen auch bereits einige Beiträge aus dem in der Vorbereitung befindlichen Geschichtenband gelesen. Am Tag der Vorstellung der Radteams der Tour de France 2017 wurde schließlich auch das druckfrische Buch zusammen mit einer filmischen Aufbereitung etwa 100 interessierten Gästen, darunter der Bürgermeisterin – und Schirmherrin des Projektes – vorgestellt.

Zweite Etappe: Ausstellung

Bei den weitere Projektaktivitäten stand die bildende Kunst im Fokus. So malten zwei fünfte und eine sechste Klasse Arbeiten zum Thema »Ich als Teilnehmer der Tour de France« und »Ein Karnevalswagen zum Thema Tour de France«. Die Bilder wurden im Foyer-Cafe der Johanneskirche ausgestellt. Die Resonanz der Besucher/innen war äußerst positiv, denn die Bilder belebten die ansonsten sehr neutrale Atmosphäre des Cafés. Oberstufenschüler/innen aus Grund- und Leistungskursen erarbeiteten zudem großformatige, abstrakte Arbeiten zum Thema Rad und experimentierten dabei mit verschiedenen Techniken. 2 x 3 Meter große Planen wurden rund einen Monat vor dem Görres-Gymnasium und vor der Johanneskirche präsentiert. Weitere Arbeiten waren im Flur der Schule und im Foyer-Café der Johanneskirche ausgestellt.

Die Bilder waren öffentlich an belebten Stellen auch während des Grand Départs sichtbar, was für eine große Resonanz sorgte. Der Einladung zur Ausstellungseröffnung folgten rund 70 Gäste. Um die Verbindung zwischen den beiden Ausstellungsorten Görres-Gymnasium und der Johanneskirche herzustellen, nahmen sich die Gäste jeweils einen mit Helium gefüllten Ballon und bildeten gemeinsam einen Fahrradkorso zur Kirche. Dort präsentierten auch die Schüler/innen noch einmal ihre Rap-Texte.

Dritte Etappe: »Kunst auf dem Dach«

Mit der Aktion »Kunst auf dem Dach« ging das Projekt auf die Zielgerade. Da die Tour de France mit zahlreichen Kameras übertragen und dabei in weiten Teilen aus der Vogelperspektive in Szene gesetzt wurde – und sowohl Schule als auch Kirche direkt an der Rennstrecke lagen – sollte an diesen Stellen etwas Sichtbares für die Fernsehzuschauer/innen geschaffen werden.

Unter der Leitung von Kunstlehrerinnen gestalteten die Schüler/innen anhand eigener Entwürfe großformatige Bilder für die Dachterrassen des Gymnasiums und der Stadtkirche. Die Aussicht, dass potenziell ein globales Publikum die Arbeiten zu sehen bekommen könnte, motivierte die Schüler/innen sehr bei ihrer engagierten Arbeit an den Kunstwerken.

Die Projektverantwortlichen hatten gute Kontakte zum städtischen Referat für Bürgerliches Engagement, Brauchtum und Veranstaltungen der Stadt Düsseldorf, das die Koordination aller Aktionen rund um den Grand Départ übernommen hatte. Die Bekanntmachung des Projektes durch den Medienverteiler der Stadt hatte eine große Außenwirkung.

Das Projekt wurde zeitnah auf die eigens eingerichtete Website des Rahmenprogramms zum Grand Départ aufgenommen und die Projektverantwortlichen eingeladen, die »Radtour durch Zeit und Raum« bei einer offiziellen Pressekonferenz mit vielen Medienvertreterinnen und -vertretern vorzustellen. Funk, Fernsehen und Presse – darunter die WDR-Lokalzeit – folgten daraufhin der Einladung zu Vorbesichtigungen der »Kunst auf dem Dach«.

Im Ziel: Erfolg auf ganzer Strecke

Das Projekt zeigte, dass das Thema »Fahrrad« zahlreiche Berührungspunkte zwischen Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus bietet. An den verschiedenen Stellen im Stadtraum und mit den öffentlichen Präsentationen der Projektergebnisse wurden Menschen verschiedener Generationen sowie unterschiedlicher sozialer und kultureller Kontexte in einer kreativen Atmosphäre zusammengebracht. Den Projektverantwortlichen ist es damit gelungen, ein sportliches Großereignis in der Stadt Düsseldorf als Inspiration und Ausgangspunkt für Lebenswelten verbindende Aktionen zu nutzen und dem Spitzensport ein ansprechendes kulturelles Aktionsprogramm zur Seite zu stellen.

Kontakt und weitere Informationen

Johanneskirche Stadtkirche
Nathalie Dimic
Martin-Luther-Platz 39
40212 Düsseldorf
E-Mail: buero(at)johanneskirche.org
Web: johanneskirche.org

Ansprechpartner für das Programm »Werkstatt Vielfalt«

Björn Götz-Lappe & Timo Jaster
Stiftung Mitarbeit
Ellerstraße 67
53119 Bonn
Tel. (02 28) 6 04 24-12/-17
Fax. (02 28) 6 04 24-22
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