mitarbeiten (3/2006)

Arbeit im Verein

Die Zahl der gemeinnützigen Organisationen insbesondere von Vereinen, Stiftungen und auch gemeinnützigen GmbHs steigt weiter rapide an. Der Bedeutungszuwachs für den gemeinnützigen Sektor geht mit massiven Institutionalisierungs- und Professionalisierungszwängen für die einzelnen Initiativen und Projekte einher. Die Veränderungen spiegeln sich in den Beratungsbedürfnissen und -anfragen der Nutzer/innen, die über das Internetportal »Wegweiser Bürgergesellschaft« an die Stiftung MITARBEIT herangetragen werden.

Jüngste Erhebungen beziffern die Zahl der bei den Registergerichten eingetragenen Vereine auf über 600 000. Nicht eingetragene Vereine mit eingerechnet, agieren in der Bundesrepublik inzwischen weit über eine Million Organisationen mit Vereinscharakter. Ähnliche, teilweise noch drastischere Zuwächse verzeichnet der Stiftungssektor mit nahezu 5.000 Neugründungen im jährlichen Durchschnitt der letzten drei Jahre. Viele Initiativen und Non-Profit-Organisationen sehen sich dabei in immer früheren Phasen ihrer Entwicklung dem Zwang ausgesetzt, rechtlich verbindliche institutionelle Grundlagen und klare, »professionelle« Organisationsstrukturen zu schaffen. Dieser Druck erwächst aus den Finanzierungsstrategien im gemeinnützigen Bereich. Die öffentlichen Mittel werden tendenziell knapper, zugleich wächst die rechtliche und politische Regulierungsdichte für den gesamten Sektor der gemeinnützigen Aktivitäten.

Diese Entwicklung drückt sich auch deutlich in der Nutzung des Informationsangebots des »Wegweiser Bürgergesellschaft« (www.buergergesellschaft.de) aus. Seit seiner Veröffentlichung im Jahre 2001 steigen die Informationsanfragen zu allen Problemen rund um die Arbeit im Verein kontinuierlich. Unter qualitativen Gesichtspunkten steht dieser Bereich an der Spitze aller inhaltlich orientierten An- und Nachfragen, die über das Internet-Portal oder auch direkt in großer Zahl an die Stiftung MITARBEIT gerichtet werden.

Thematisch geht es bei diesen Anfragen nach wie vor überwiegend um klassische Themen: Gründung, Weiterentwicklung, Professionalisierung und organisatorisch rechtliche Anpassung von Vereinen an sich wandelnde Aufgabenbereiche. Die rechtlichen oder steuerrechtlichen Rahmenbedingungen verändern sich und schlagen sich nieder in Fragen etwa zu Vereinszwecken, Satzung, Geschäftsordnung und Geschäftsführung.  Zudem suchen die Initiativen und Projekte Orientierung in der zunehmenden Vielfalt gemeinnütziger Rechtsformen.

Zu diesen klassischen Themen treten Beratungsanfragen, die relativ neu oder von neuer Bedeutung sind und sich auf die wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Aktivitäten von Vereinen oder gemeinnützigen Organisationen beziehen.

Der Anteil des Non-Profit-Sektors am Bruttoinlandsprodukt steigt ebenso stetig wie die wirtschaftlichen Aktivitäten von Vereinen in Form von Zweck- oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. Darauf richten sich auch entsprechende Gesetzentwürfe zur Reform des Vereinsrechts, des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts und des GmbH-Rechts, die in der vorliegenden Form durchaus Einschränkungen für die wirtschaftliche Betätigungen von Vereinen bedeuten könnten.

Hier knüpft die Debatte um den Non-Profit-Sektor als »Jobmaschine« an, wie Focus online im April dieses Jahres titelte. Das Magazin gab die Ergebnisse einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln wieder. Danach ist im Zeitraum zwischen 1997 und 2005 im Bereich der gemeinnützigen Organisationen die Beschäftigung um 16,2 % oder 1,24 Mio. Stellen auf insgesamt 8,9 Mio. Arbeitsplätze angestiegen.

Entsprechend wächst der Beratungsbedarf zu allen Fragen rund um die wirtschaftlichen Betätigungsfelder und ihre steuerliche Bewertung. Die Zahlen, die dabei gelegentlich zu Umsatz und anderen wirtschaftlichen Kennzahlen genannt werden, sind von den Größenordnungen der deutschen Sport- oder Wohlfahrtsverbände nicht mehr allzu weit entfernt. Groß ist auch der Anteil der Beratungsanfragen, die das eigene bürgergesellschaftliche (politische, soziale, kulturelle) Engagement zum Ausgangspunkt beruflicher oder alternativer Arbeitsplatz-Strategien machen wollen.

Ein weiterer Trend betrifft die Internationalisierung oder Europäisierung von Vereinsaktivitäten. Ausländische Mitbürger und Mitürgerinnen sind in immer größerem Umfang an Vereins-Initiativen beteiligt. Hier stellt sich dann beispielsweise die Frage, unter welchen Voraussetzungen nicht-deutsche Staatsbürger initiierende oder leitende Funktionen in Organisationen nach deutschem Vereinsrecht übernehmen dürfen.

Zudem weiten sich  Vereinsaktivitäten in andere Länder aus.  Typische Probleme sind hier die Einrichtung einer Vereinsgeschäftsstelle im Ausland oder der Abwicklung von wirtschaftlichen Aktivitäten jenseits der Grenzen.

Eine supra- oder transnationale Rechtsgrundlage für diese Fragen fehlt noch weitgehend. Für die Reform des GmbH-Rechts ist zwar zum ersten Mal an entsprechende Neuerungen gedacht, vieles bewegt sich aber rechtlich wie steuerrechtlich in Grauzonen.

Umfassende Informationen zur Arbeit im Verein finden sich unter www.buergergesellschaft.de/praxishilfen/arbeit-im-verein/.