mitarbeiten (1/2011)

Brücken bauen im Gemeinwesen

Nonprofit-Organisationen kommt eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung der Bürgerbeteiligung zu. Allerdings wird die Rolle gemeinnütziger Organisationen für die Bürgerbeteiligung in der öffentlichen Diskussion immer wieder unterschätzt. Dabei existieren auf kommunaler Ebene durch das dichte Netz an gemeinnützigen Diensten und Einrichtungen schon jetzt Partizipationsstrukturen und -potentiale, die im Zuge der Ausweitung der Bürgerbeteiligung aktiviert werden könnten.

Wer sich beim Thema Partizipation allein auf das Verhältnis zwischen Politik/Verwaltung und Bürger/innen konzentriert, übersieht die zivilgesellschaftlichen Partizipationspotentiale im gemeinnützigen Bereich. Die Beteiligung von Bürger/innen am Organisationshandeln setzt jedoch voraus, dass Institutionen und Nonprofit-Organisationen (NPOs) Partizipationsräume anbieten. Umgekehrt benötigt eine Organisation, die sich stärker zur Zivilgesellschaft hin öffnet, Bürger/innen, die ihre Kompetenzen und ihr Wissen einbringen können und wollen. Erfolgreiche Bürgerbeteiligung in Organisationen hängt also sowohl von den Partizipationsressourcen der Bürgerschaft als auch von den institutionellen Beteiligungsangeboten ab.

Vielfach ist jedoch die interne Partizipationskultur in gemeinnützigen NPOs und ihr Umgang mit beteiligungswilligen Bürger/innen wenig entwickelt: Die verschiedenen Stakeholder einer gemeinnützigen Einrichtung werden tendenziell als Bedrohung statt als Chance empfunden. Stakeholder gelten als Einflussfaktoren, die die Handlungsspielräume einer Organisation gefährden. Infolgedessen setzen NPOs im Verhältnis zu ihren zivilgesellschaftlichen Partnern eher auf Kontrolle statt auf Kooperation, Vernetzung und Partizipation.

Nach Ansicht von Dr. Brigitte Reiser, Beraterin von NPOs, dominiert im gemeinnützigen Sektor die Haltung, Dinge für andere zu tun statt gemeinsam mit ihnen. Insofern setzen gemeinnützige (Sozial-)Einrichtungen, wenn es um ihre Zukunft geht, eher auf eine binnenorientierte Perspektive, die sich an Effizienz und Effektivität und somit an einem »ökonomischen Paradigma« orientiert, das dem Beteiligungsgedanken häufig im Wege steht. Für Reiser ist jedoch klar: Wenn die Demokratisierung des Dritten Sektors vorangetrieben werden soll, dann muss sich dieser von seiner professionellen Dominanz verabschieden. Die Zukunft gehört kooperativen Modellen, bei denen Bürger/innen und Sozialeinrichtungen gleichberechtigt miteinander soziale Dienstleistungen konzipieren und erbringen. Der Wandel lokaler Institutionen hin zu einer kooperativen Haltung gegenüber der Zivilgesellschaft ist dabei eine Grundvoraussetzung für eine Demokratisierung der Interaktion zwischen Bürger/innen und Organisationen auf örtlicher Ebene. Nur so können gemeinnützige Organisationen im Sozialsektor die demokratiepolitische Rolle ausfüllen, die jetzt schon in ihnen angelegt ist.

Den Beitrag von Brigitte Reiser veröffentlicht die Stiftung MITARBEIT im Frühjahr 2011 in der Publikation »Die Zukunft der Bürgerbeteiligung«. Die Publikation kann unter www.mitarbeit.de bestellt werden.