»Umbrüche der Zukunft im Dialog bearbeiten«

Forum für Demokratie und Bürgerbeteiligung 2024

Die notwendigen sozial-ökologischen Transformationsprozesse werden nur dann gelingen, wenn sie demokratisch ausgehandelt und von möglichst vielen Menschen getragen und umgesetzt werden. Dafür müssen jenseits der »klassischen« Instrumente der Bürgerbeteiligung zukunftsweisende Formen der Einbeziehung in Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse entwickelt und erprobt werden. Das Forum für Demokratie und Beteiligung der Stiftung Mitarbeit widmete sich der Suche nach solchen neuen kooperativen Handlungsansätzen für ein zukunftsfähiges Gemeinwesen.

Prof. Ortwin Renn vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) in Potsdam skizzierte in seinem Eröffnungsvortrag eine Gesellschaft im Umbruch. Die drei parallelen Transformationsprozesse der Globalisierung, Digitalisierung und Etablierung nachhaltiger Prinzipien (»Sustainabilisierung«) verursachten Komplexitätssteigerungen, Ambivalenzen und Zielkonflikte. Dies lasse in Teilen der Gesellschaft ein »Unbehagen an der Gegenwart« entstehen. Vor diesem Hintergrund würden die großen Potenziale der Bürgerbeteiligung sichtbar. Sie könnten zu einer emotionalen Identifikation mit Veränderungsprozessen führen und die konstruktive Bearbeitung von Gegensätzen sichtbar machen. Dementsprechend stellte Ortwin Renn die notwendigen Erfolgskriterien für die Gestaltung partizipativer Prozesse vor, wobei die »Verknüpfung von Wissensbereitstellung und Deliberation« besonders wichtig sei – insbesondere bei Transformationsprozessen, die mit erheblichen Zumutungen verbunden sind.

Nach dem Auftakt am Freitag diskutierten die Teilnehmer/innen in parallelen Workshops konstruktiv und kritisch, wie sich vor dem Hintergrund der von Ortwin Renn geschilderten Befunde die gesellschaftlichen Herausforderungen und Umbrüche der Zukunft demokratisch und beteiligungsorientiert bearbeiten lassen.

Ein wichtiges Thema der Tagung war das Engagement für Klimaschutz, das in eine neue Phase eingetreten ist. Nach den Protesten und Blockaden der letzten Jahre stehe mittlerweile eher die Frage im Fokus, wie Klimaschutz konkret praktiziert werden könne und welche Rolle die aktive Bürgergesellschaft dabei spielen sollte, so Dr. Serge Embacher, der für das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) verschiedene Klimaprojekte verantwortet. Er legte in seinem Workshop anhand von vielen guten Beispielen dar, wieso es mehr Kooperation und weniger Konfrontation im Klimaschutz braucht.

Mit den Klimavierteln setzt die Bundesstadt Bonn auf ein Konzept, das urbane Nachhaltigkeitstransformationen lokal verortet und erfahrbar macht. Sie verbinden Klimaschutzmaßnahmen mit dem Ziel, die Lebensqualität in den Quartieren zu verbessern und die Bewohner/ innen aktiv in die Gestaltung ihres Umfelds einzubinden. Dr. Raphael Karutz, Leiter der Stabsstelle Bürgerbeteiligung der Bundestadt Bonn, stellte im Gespräch mit den Teilnehmer/innen das Konzept vor und erläuterte, wieso die gesamte Stadtgesellschaft – von privaten Haushalten bis hin zum lokalen Gewerbe – gefordert ist, aktiv zum Gelingen der Klimaneutralität beizutragen.

Die Entwicklungsgesellschaft indeland GmbH steuert die regionale Strukturentwicklung um den Tagebau Inden im Rheinischen Braunkohlerevier. Seit 2006 vertritt sie die gemeinsamen Interessen der Kommunen im Umfeld des Tagebaus sowie des Kreises Düren. Svenja Zeimetz stellte in ihrem Tagungsbeitrag die Ziele und Projekte vor, mit denen die Entwicklungsgesellschaft vor Ort aktiv ist. Wie kann das Interesse der Bevölkerung geweckt werden, sich bereits heute mit der zukünftigen Entwicklung ihres Umfelds in 35 Jahren auseinanderzusetzen? Und wie kann es klappen, die vielfältigen Interessen zu einer gemeinsam getragenen Vision zu vereinen?

Die Bürgerregion Lausitz wurde gegründet, um Engagement und Beteiligung in der Lausitz zu fördern und die zivilgesellschaftliche Perspektive stärker in die Strukturwandelprozesse einzubeziehen. Welche Herausforderungen und Stolpersteine sich damit verbinden, zeigte Kira Sawicka (Wertewandel – Soziale Innovation und demokratische Entwicklung e.V.) in ihrem Workshop.

Immer mehr Kommunen in Deutschland machen sich auf den Weg hin zur mehr Klimaneutralität. Allerdings zeigt sich, dass Verwaltung und Politik die Aufgaben, die sich vor Ort mit der klimaneutralen Transformation verbinden, nicht allein stemmen können; es braucht auch die Akteure der Zivilgesellschaft und der lokalen Wirtschaft, um die Städte und Gemeinden so »umzukrempeln«, dass sie ihren Teil zur Bewältigung der Klimakrise beitragen können. Wie dies gelingen kann, zeigte Stephan Willinger, Stadtforscher am Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, in seinem Workshop.

Zum Abschluss der Tagung stand die Gründung des Netzwerks KlimaDemokratie im Mittelpunkt. Mit dem neuen Projekt möchte die Stiftung Mitarbeit Akteure aus Zivilgesellschaft, Verwaltung, Politik Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen, um lokale sozial-ökologische Transformationsprozesse durch die gemeinsame Entwicklung neuer Formen der Zusammenarbeit und durch kooperative Gestaltungs- und Aushandlungsprozesse zu unterstützen.

Die ausführliche Tagungsdokumentation im Netz unter www.mitarbeit.de/forum2024_rueckblick/.

mitarbeiten 4/2024

Unser kostenloser Newsletter informiert vierteljährlich über die Arbeit der Stiftung Mitarbeit. Hier können Sie ihn einfach und unkompliziert abonnieren.

zum Anmeldeformular
zur aktuellen Ausgabe


Ansprechpartner

Ulrich Rüttgers
Tel. (02 28) 6 04 24-19
ruettgers(at)mitarbeit.de