Projekt des Monats (04/2018)

»Cross & Patch« – Generations of Design

In diesem Generationen verbindenden Kreativprojekt begegneten sich Schüler/innen einer Realschule und Senior/innen aus einem örtlichen Seniorenzentrum. Den Auftakt bildete ein »Kaffeekränzchen« in der Senioreneinrichtung, bei dem die Schüler/innen zu Gast waren und die Alltags- und Einrichtungsgegenstände der Älteren kennenlernten. Als Vorbereitung auf die ästhetische Auseinandersetzung mit dem Design von Alltagsgegenständen hörten die Jüngeren die Geschichten hinter den Gegenständen und Möbelstücken der Älteren. Die jungen Teilnehmer/innen machten sich Gedanken zu generationsspezifischen Vorstellungen von Schönheit und Praktikabilität und begaben sich an die kreative Umgestaltung ausgewählter Gegenstände im Rahmen mehrerer Workshops. Die Ergebnisse wurden zum Projektende ausgestellt und es wurde abschießend zu einem temporären Begegnungscafé in der Cafeteria der Senioreneinrichtung eingeladen.

Ein mit Kunstleder überzogener Kleiderbügel, eine Stehlampe mit Fransen oder ein Kissen mit blauen Blumen: Das Design von Alltagsgegenständen ist geprägt von Geschichte, Kultur und Herkunft. Die Frage nach Sinnhaftigkeit und Schönheit kann dabei je nach Alter und Herkunft sehr unterschiedlich beantwortet werden. Das Projekt »Cross & Patch« nahm diese Tatsache zum Anlass, um die Begegnung zwischen Jung und Alt sowie zwischen den Kulturen anzuregen. Schüler/innen aus 7. Klassen der Freiherr-vom-Stein-Realschule und Senior/innen aus dem Seniorenzentrum »Haus am Nordberg« in Bergkamen tauschten sich bei über Ästhetik und Nützlichkeit von Gebrauchs- und Alltagsgegenständen aus. Im Anschluss wurden sie selbst kreativ, stellten Deko- und Gebrauchsobjekte her oder gestalteten diese um.

Bei einem ersten Treffen lernten sich die Teilnehmer/innen aus beiden Generationen kennen. Die Älteren brachten zu diesem Anlass einige Gegenstände aus ihrem Alltagsleben mit und erzählten dazu eine Geschichte. Die Jugendlichen machten sich anschließend an die Aufgabe, die Gegenstände neu zu überdenken und gestalterisch zu überarbeiten. Die zwei Gruppen fanden so zueinander. Die Senior/innen erhielten die Gelegenheit, Erfahrungen und Kompetenzen weiterzugeben. Die Jüngeren konnten wiederum im respektvollen Umgang mit den Senior/innen ihre sozialen Kompetenzen schärfen und ihre Ideen in den kreativen Prozess einbringen.

Die Projektverantwortlichen

Die kulturelle Bildungsinitiative »Selfiegrafen« begleitete die Teilnehmenden bei ihrer gestalterischen Arbeit. Die Initiative hat sich auf die Projektarbeit mit heterogenen Zielgruppen spezialisiert. Sie ermöglicht und fördert einen konstruktiven Umgang mit Diversität. Die Projekte sind geprägt von künstlerischen Herangehensweisen und Methoden, so auch im Fall von »Cross & Patch«. Es standen verschiedene Gestaltungstechniken zur Verfügung. Neben einfachen Bastel-, Mal- und Drucktechniken (Finger- und Moosgummidruck) konnten den Teilnehmer/innen auch Ausdrucksformen vermittelt werden, für die im normalen Lehrplan und Schulalltag keine Zeit bleibt: Schneidern, Fotografie, Siebdruck. Zudem bot »Cross & Patch« Anlässe für Tätigkeiten, die oft nicht (mehr) zum Alltag der Jüngeren gehören: Bügeln, Nähen mit der Maschine, die Unterhaltung mit einem älteren Menschen.

Miteinander der Generationen

Da die Senior/innen aus gesundheitlichen Gründen nicht an allen Projektterminen teilnehmen konnten, wurden vier große Treffen organisiert, bei denen Alt und Jung viel Zeit miteinander verbrachten. Schon beim ersten Kaffeekränzchen gab es einen regen Austausch und es wurde lebhaft im Raum. Die Schüler/innen überraschten durch ihre Fähigkeiten, auf die Senior/innen einzugehen, zeigten echtes Interesse und vereinzelt auch neue Facetten ihrer Persönlichkeit. Ein Junge, der in der Klasse gerne »austeilt« wurde beispielsweise zu einem zugänglichen, charmanten Begleiter für die älteren Damen, zwischen denen er saß.

Es gab auch traurige Geschichten, denn die Vergegenwärtigung des Alters und der Gebrechlichkeit – bis hin zum körperlichen Verfall – beschäftigte die Schüler/innen und es wurde lange darüber geredet: Warum hat der Mann nur ein Ohr? Ist das alles, was man mitbringen kann in ein Seniorenheim? Der Umgang mit den Älteren war feinfühlig, sensibel und zu keiner Zeit unangemessen. Die Kommunikation miteinander war sehr wichtig, denn die Schüler/innen kamen aus vier unterschiedlichen Klassen. Noch wichtiger war es, die sprachliche Barriere zwischen Jung und Alt abzubauen. Gegenseitig wurden einander viele Fragen gestellt, die eine Annäherung möglich machten.

Begegnungscafé und Ausstellung

Im Rahmen eines temporären Begegnungscafés im Seniorenzentrum bildete eine Ausstellung aller hergestellten Dinge den Abschluss. Die Schüler/innen und Senior/innen luden die Nachbarschaft zum Verweilen und Kennenlernen ein. Ein Katalog vereinte zudem alle gefertigten Objekte, darunter Teelichter, Kissen, Tischdecken, Designer-Mülltüten, Taschen, Tapeten, Wanddekorationen und Fotografien. So hatten alle Beteiligten und Interessierten eine Erinnerung.  Zum Projektende bewegten sich die Schüler/innen frei und auf eigenen Wunsch über alle Gänge im Seniorenzentrum, um die Kataloge an die Personen zu verteilen, die nicht allein laufen konnten. Im Begegnungscafé wurden die älteren Menschen bedient und es gab keinerlei Berührungsangst mehr. Die Kinder waren nicht nur am Ende sehr stolz, auch nach den einzelnen Workshops waren sie verblüfft über ihr eigenes Können. Sie haben zudem überall mithelfen können. So sind fast alle Dokumentationsfotos von den  Schüler/innen gemacht worden, nachdem sie einmal angeleitet wurden.

Zur Präsentation gab es ein volles Seniorenzentrum: Schüler/innen, Senior/innen, Lehrer/innen, Rektorin, Betreuer/innen, Eltern, Freunde und Interessierte aus Parallelklassen und auch anderen Stufen, Nachbarn und Verwandte, Heimleitung, der stellvertretende Oberbürgermeister von Bergkamen sowie die Leiterin des Seniorenbüros waren dabei. Eine weitere Ausstellung in der Schule ist angedacht.

Organisation

Ursprünglich war geplant, für das abschließende Begegnungscafé ein leerstehendes Ladenlokal in der Umgebung zu verwenden, welches den Organisatoren in Aussicht stand. Da die Räumlichkeiten zwischenzeitlich jedoch vermietet wurden, musste das Team neu planen. Ein vergleichbares Objekt zu finden, gestaltete sich schwierig, sodass am Ende die Cafeteria des Seniorenzentrums für das Format genutzt wurde. Die ungeplante Veränderung brachte – vor allem für die älteren Teilnehmer/innen – einige Vorteile mit sich: direkte Betreuung durch das Pflegepersonal vor Ort, barrierefreie Zugänge und ein vertrautes Umfeld, in dem die Orientierung leicht fiel.

Wirkung

»Cross & Patch« brachte frischen Wind in den Kunstunterricht der Schüler/innen und ins Seniorenzentrum. Die Senior/innen freuten sich über den Besuch der Kinder und fühlten sich mit ihren Erfahrungen und Kompetenzen wertgeschätzt. Insbesondere die Kunstlehrer/innen der Jugendlichen, die ebenfalls bei der abschließenden Präsentation dabei waren, konnten ihre Schüler/innen aus einem neuen Blickwinkel erleben. Sie waren erstaunt und sichtlich erfreut, welche nicht erkannten Potenziale in den Schüler/innen ruhen. So wurde aus manchem Klassenclown ein ernsthafter und sozialkompetenter Zuhörer. Ein Junge, der teilweise große Schwierigkeiten hatte, bei den Ruhephasen still zu sein, besaß eine hohe Konzentration beim Arbeiten an der Nähmaschine und war stolz, sein fertiges Kissen in der Hand zu halten.

Kontakt und weitere Informationen

Freiherr-vom-Stein Realschule, Bergkamen
in Kooperation mit:
Selfiegrafen
Iris Wolf & Jörg Meier
Web: www.selfiegrafen.de
Mail: hallo(at)selfiegrafen.de
Leukeweg 6
44309 Dortmund

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Ansprechpartner für das Programm »Werkstatt Vielfalt«

Björn Götz-Lappe & Timo Jaster
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