Projekt des Monats (08/2018)

»FLIPPO« – Magazin von und für Kinder

Dieses Medienprojekt für Kinder im Alter zwischen acht und zehn Jahren aus dem Hort der Astrid-Lindgren-Grundschule und dem Ganztagsbereich der Clara-Wieck-Schule im Leipziger Stadtteil Schönefeld zielte auf die Erforschung des schulischen Sozialraums. Für eine Kinderzeitung führten sie Interviews und machten Reportagen über Menschen aus dem Stadtteil. Expert/innen erprobten mit den Redaktionsgruppen verschiedene kreative und künstlerische Methoden. So entstanden drei Ausgaben von »FLIPPO, der Bananenkopf« zu den Oberthemen »Draußen«, »Berufe« und »Mobbing«. Mittlerweile hat die Projektleitung in der Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) ein neues Format gefunden, um die Zeitungsarbeit fortzuführen. Kinder aus den beteiligten Schulen sowie weitere junge Nachwuchsredakteure erstellen weitere Ausgaben des Magazins als Teil von Kunstausstellungen im Museum der GfZK.

Die böse Lehrerin Frau Cibulka, der Ventilator Vincent oder ein Rezept für Pizza Bananen-Kloß mit Schoko: dies sind nur einige von vielen Figuren und Themen einer Kinderzeitung, die während zweier Schulhalbjahre von März 2017 bis Februar 2018 entstanden ist. Initiiert und verantwortet von der Galerie für Zeitgenössische Kunst (GfZK) Leipzig machten sich Kinder der Clara-Wieck-Grundschule und der Astrid-Lindgren-Grundschule im Leipziger Stadtteil Schönefeld daran, ihr unmittelbares Lebensumfeld zu erkunden und mit neu erlernten Ausdrucksformen zu beschreiben. Mit dem Projekt förderte die Kunstvermittlung der GfZK die Freude am Probieren, Experimentieren und am eigenständigen Forschen.

Redaktionsarbeit an zwei Schulen

An beiden kooperierenden Schulen fanden sich sofort Kinder, die Lust und Interesse an der Zeitungsarbeit hatten. Etwa 30 Schüler/innen aus dem Hort bzw. aus dem Ganztagsbereich schlüpften in die Rolle von Nachwuchsredakteur/innen. Begleitet durch die Kunstvermittlerin Lena Seik und die Designerin Wiebke Steinert arbeiteten die Kinder an den beiden Standorten zu den jeweiligen Oberthemen der Ausgaben, die sie gemeinsam festlegten. Die erste Ausgabe »Draußen« orientierte sich stark am urbanen Umfeld der Kinder. Neben der Recherche-arbeit im jeweiligen Schulgebäude mit Mitschüler/innen und mit Menschen auf der Straße fanden auch Exkursionen sowie Aktionen im Stadtraum statt, z.B. die Bepflanzung einer Baumscheibe an der großen Hauptstraße.

Außerdem trafen die Teilnehmer/innen der Clara-Wieck-Schule den Leipziger Koch Dirk Peter, der auf der Neumayer-Station III in der Antarktis arbeitet, und befragten ihn zu Pinguinen, Polarnächten und den Geschmäckern seiner Kolleg/innen. Ebenfalls für Ausgabe #1 wurde der Künstler Florian Milker eingeladen. Mit ihm gestaltete die Redaktionsgruppe der Astrid-Lindgren-Schule Skulpturen aus Müll, den sie auf den Straßen und Plätzen rund um die Schule gesammelt hatten. Der Leipziger Illustrator Friedemann Lichtenthal entwickelte mit den Kindern die erste Geschichte der bösen Lehrerin Frau Cibulka. Mit der Mode-Designerin Franziska Eichhorn entwickelten die Kinder Star-Poster und mit dem Grafik-Designer Robert Krause und dem Künstler Martin Weiser die Schriftgestaltung und das Titelbild des Magazins. Der Einbezug von Expert/innen aus dem Netzwerk der Projektleitung war für die Arbeit in den Kindergruppen und deren Wertschätzung – und nicht zuletzt für das Erscheinungsbild der Magazins – ein enormer Zugewinn. Den Namen des Magazins fanden die Kinder durch Umfragen in den Schulen und durch Abstimmung in den Redaktionsgruppen während der Arbeit an der ersten Ausgabe. So entstand »FLIPPO, Der Bananenkopf.«

In den beiden folgenden Ausgaben ging es um die Themen »Berufe« und »Mobbing«. Die Beschäftigung mit Mobbing war den Kindern ein besonderes Bedürfnis. Wieder besuchten die jungen Reporter/innen Orte und Plätze des Stadtteils wie einen Bauspielplatz, einen Eisladen, einen Schreibwaren- und Zeitungsladen oder eine Druckerei, befragten die Menschen dort und dokumentierten ihre Eindrücke. Die Projektleitung legte großen Wert darauf, die Kinder eigenständig arbeiten zu lassen und lediglich Impulse zu geben.

Die künstlerischen Methoden dienten immer dazu, den Ideen der Kinder eine adäquate Ausdrucksform zu ermöglichen. Einzelne (künstlerische) Methoden wurden je nach Bedarf eingeführt, besprochen und ausprobiert (z.B. Interviews, Portraits von Menschen, Gegenständen oder Orten, Fotografien, Bildergeschichten, Dokumentationen, Rezepte, Rätsel, Statistiken). Die Kinder gestalteten die Seiten der Zeitung ausschließlich analog. Sie layouteten per Hand, Kopierer und Schere. Themen, Methoden und Prozesse wurden immer wieder reflektiert und diskutiert, in Einzelbegleitung und in der ganzen Gruppe.

Im Projektverlauf entstand eine schöne Kooperation: Die Offene Werkstatt für Risographie Riso Club, fußläufig für die Kinder beider Schulen zu erreichen, stellte ab der zweiten Ausgabe Beilagen für die Hefte her: in Ausgabe #2 ein Poster zu den Lieblingsberufen der Kinder und in Ausgabe #3 Postkarten zum Trösten. Die Kinder waren jeweils beim Druckprozess mit dem umweltschonenden Riso-Verfahren anwesend und halfen mit.

Erfolge und Schwierigkeiten

An beiden beteiligten Schulen hat sich eine aktive Kerngruppe von fünf bis sieben Kindern gebildet, die über den gesamten Projektzeitraum dabei geblieben ist. Durch die lange Teilnahme am Projekt identifizieren sich einige Kinder ganz selbstverständlich mit der Zeitung und waren stolz darauf, diese als Teil der Redaktion mitzugestalten.
Indem sie ihr Vorwissen in die Projektarbeit bei Reflexionen und Exkursionen einbrachten, fungierten die Kinder als Expert/innen ihres Stadtteils und ihrer Lebenswelt. Aber sie waren auch offen und neugierig, neue Dinge kennen zu lernen. Die Weiterverarbeitung von Müll oder das Bepflanzen einer Baumscheibe sind nur zwei beispielhafte »Aha«-Erlebnisse, die nachhaltig wirken.

Die Zeitungshefte wurden jeweils in den Schulen verteilt und erreichten bis zu 300 Leser/innen. Die verbliebenen Hefte, die in einer Auflage von je 500 Exemplare pro Ausgabe gedruckt wurden, liegen weiterhin im Museum der GfZK aus.

Es stellte sich bereits zu Projektbeginn aus zeitlichen und organisatorischen Gründen als unmöglich heraus, die geplanten monatlichen Redaktionstreffen mit Kindern beider Schulen zu realisieren. Trotz der räumlichen Nähe im Stadtteil blieben der Ganztagsbereich der Schule und der Hort als Teil unterschiedlicher Systeme zwei voneinander getrennte Bereiche. Jenseits der Zusammenarbeit bei den Redaktionstreffen gestalteten sich Absprachen mit den Kooperationspartnern für die Projektleiterinnen als schwierig. Gründe dafür liegen etwa in der herausfordernden Situation im Stadtteil (sozialer Brennpunkt) und den hohen Anforderungen an das Schulsystem (z.B. zusätzliche Eröffnung von Klassen mit Deutsch als Zweitsprache mit Übergabe der Verantwortung an das Schulpersonal ohne ausreichende Supervision). Zudem war in beiden Schulen die unzureichende Kooperation zwischen Schulleitung und Hort bzw. Ganztagsbereich ein Problem, was die Organisation des Projekts erschwerte.

Auch eine Abschlusspräsentation des Projekts und eine geplante Begegnung der Kinder beider Gruppen sowie Erwachsenen im Zuge einer öffentlichkeitswirksamen Scheckübergabe durch einen weiteren Förderer fielen aus; letzterer Termin aufgrund einer Erkrankung des Förderbotschafters.

FLIPPO, der Wandelbare

Schließlich ist es dann aber doch gelungen, die Teilnehmer/innen an einem Ort zusammenzubringen – im Museum. Das Kindermagazin wurde Teil einer Ausstellung in der Galerie für Zeitgenössische Kunst. In einem gemeinsamen Ferienworkshop am Ende der Projektzeit lernten die Kinder somit einen weiteren Ort kennen und entwickelten ein Extra-Blatt. Ab März 2018 trafen sich die Kinder aus beiden Redaktionsgruppen einmal im Monat im Museum und setzten sie sich mit dem Thema der aktuellen Ausstellung »Gaudiopolis – Versuch einer guten Gesellschaft« auseinander, entwarfen im Losverfahren Schlagzeilen, bauten Wunschmaschinen oder dachten sich eine eigene Schrift aus. Zusätzlich fanden auch weiterhin wöchentliche Redaktionssitzungen in den Schulen statt. Die Ausgabe »FLIPPO, Gaudiopolis« erschien zum Ende der Ausstellungszeit im Juni 2018. Zum Veröffentlichungstermin gab es eine Kinderpressekonferenz in der GfZK.

Für das Schuljahr 2018/2019 luden die Projektverantwortlichen eine weitere Kindergruppe ein, das Projekt mitzugestalten. Wieder lehnt sich das Kindermagazin an eine Ausstellung an – neuer Name der Zeitung: »FLIPPO, der Marsianer.«

Kontakt und weitere Informationen

Stiftung Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig
Lena Seik, Wiebke Steinert
Karl-Tauchnitz-Str. 11
04107 Leipzig
Web: www.gfzk.de
Mail: foryou(at)gfzk.de

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Björn Götz-Lappe & Timo Jaster
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