mitarbeiten (1/2006)

Wege finden, die aus der Gewalt herausführen

Wenn Schülerinnen und Schüler in ihren Schulen als Streitschlichter(innen) aktiv werden, geht es häufig um massive Formen des Mobbings.  Mit hinterhältigen Anspielungen, Verleumdungen, Demütigungen, Drohungen, Quälereien oder sexuelle Belästigungen traktieren  Schüler(innen) ihre Mitschüler(innen) und verfolgen damit das einzige Ziel, ihre Opfer fertig zu machen. Mit dem »No Blame Approach«, einer neuen Methode, die im Rahmen des 3. Bundeskongresses für Streitschlichter und Streitschlichterinnen vorgesstellt wurde, lässt sich das Mobbing an der Schule wirksam bekämpfen.

Beim »No Blame Approach« handelt es sich um eine in Deutschland noch wenig bekannte Methode, Mobbing in der Schule zu begegnen. Der »Interventionsansatz ohne Schuldzuweisungen« wurde vor zehn Jahren in England von Barbara Maines und George Robinson entwickelt. Die Methode fand zunächst hauptsächlich in England Verbreitung und wurde dann in der Schweiz erfolgreich eingesetzt.

Die besondere Herausforderung des »No Blame Approach« liegt darin, die Akteure des Mobbings für ihre Handlungen nicht zu bestrafen und ihnen keinerlei Schuld zuzuweisen. Vorrangiges Ziel des Ansatzes ist es, das Mobbing zu stoppen und dazu beizutragen, das Leiden für das Kind oder den Jugendlichen möglichst schnell zu beenden.

Der »No Blame Approach« ist eine leicht anzuwendende Methode, die in kurzer Zeit dafür sorgt, dass das Mobbing für die betroffenen Schüler(innen) aufhört. Die Methode sieht ein Verfahren in drei Schritten vor:

  • Zunächst wird ein Gespräch mit der/dem von Mobbing betroffenen Schüler(in) geführt, in dem es darum geht, Vertrauen für das weitere Vorgehen zu schaffen und herauszufinden, wer für die Schwierigkeiten verantwortlich ist.
  • Im zweiten Schritt findet ein Treffen statt mit der Unterschützungsgruppe. Sie wird zusammengesetzt aus Täter(inne)n, Mitläufer(inne)n und Schüler(inne)n, die eine konstruktive Rolle bei der Lösung der Situation übernehmen können. Bei diesem Treffen werden gemeinsam Lösungen für das Problem gesucht. Die Umsetzung wird in die Verantwortung der Unterstützungsgruppe gegeben
  • Den dritten Schritt bilden Nachgespräche mit den einzelnen Beteiligten, in denen geklärt wird, wie sich die Situation entwickelt hat.

 

Die langjährigen Erfahrungen mit der Methode zeigen, dass auf diese Weisung das Mobbing in vielen Fällen innerhalb von 10 bis 14 Tagen gestoppt werden kann.

Der »No Blame Approach« war Bestandteil des Qualifizierungsangebotes, das der Streitschlichtungskongress den Schülerinnen und Schülern zu spezifischen Fragen aus ihrer Schlichtungspraxis bereit stellte. Die Workshops wurden jeweils von einem erwachsenen Trainer und einem jugendlichen Streitschlichter geleitet. In den Workshops ging es um praktische Fragen aus der Streitschlichtung im schulischen Alltag: Konflikte zwischen Jungen und Mädchen, Streit zwischen Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft, Wege zu kreativen Win-Win-Lösungen wurden genauso behandelt wie Körpersprache in der Streitschlichtung, Mediation in Gruppen oder Deeskalation von Konflikten.

Im Rahmen der Open-Space-Methode tauschten Lehrer(innen), Sozialpädago(inn)en und Sozialarbeiter(innen) Methoden für die Ausbildung von Streitschlichter(inne)n aus.

Intensiv wurde an der Frage gearbeitet, wie die Akzeptanz von Streitschlichtung in den Schulen erhöht werden kann. Nicht immer finden die Streitparteien den Weg in den Streitschlichtungsraum. Es wurde eine Vielzahl von einzelnen Komponenten gefunden, die für die Akzeptanz von Streitschlichtung von Bedeutung sind. Wesentlich ist auf jeden Fall, dass die Grundidee, Konflikte konstruktiv zu lösen, nicht auf Schüler und Schülerinnen beschränkt bleibt, sondern auch bei Konflikten zwischen Schüler(inne)n und Lehrer(inne)n, im Kollegium und in Auseinandersetzungen zwischen Elternschaft und Schule angewendet wird.

An dem Kongress nahmen Schüler und Schülerinnen aus allen 16 Bundesländern teil, von Haupt, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen, von Gymnasien wie von Förderschulen und einer Waldorfschule. Wie schon in den Jahren 2003 und 2004 wurde der Kongress gemeinsam vom Bund für Soziale Verteidigung, der Stiftung MITARBEIT, dem Bildungswerk Umbruch und der Thomas-Morus-Akademie ausgerichtet und vom Bundesfamilien- und Jugendministerium gefördert.

Nähere Informationen zum No Blame Aproach bei Detlef Beck und Heike Blum (info(at)fairaend.de). fairaend – Praxis für Konfliktberatung, Mediation, Supervision und Weiterbildung (www.fairaend.de) stellt die Methode in Zusammenarbeit mit dem »Bund für Soziale Verteidigung« an Schulen und verwandten Einrichtungen bundesweit vor. Die »aktion mensch« fördert die Verbreitung und Evaluation des neuen Ansatzes gegen Mobbing.