mitarbeiten (1/2009)

Kummerkasten der Nation

Eingaben zur Steuerpolitik, zum Immissionsschutz, zur Abrüstung oder zur Kinder- und Jugendhilfe: Seit Anfang Oktober 2008 können Bürgerinnen und Bürger online Petitionen an den zuständigen Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einreichen. In den ersten Monaten seit Bestehen des neuen Internetportals haben sich bereits knapp 16.000 Bürger/innen angemeldet, wurden mehr als 500 E-Petitionen eingereicht und circa 3.500 Diskussionsbeiträge eingestellt. Damit wandelt sich der früher als »Kummerkasten der Nation« titulierte Ausschuss zu einem öffentlichen Forum, indem sich die Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, Bewertungen und Erfahrungen von und mit politischen Entscheidungen transparent widerspiegelt.

Der Petitionsausschuss hat im Rahmen der zahlreichen Bundestags-Ausschüsse eine Sonderstellung inne: er ist neben dem Europaausschuss ein sog. Querschnittsausschuss, d.h. die Mitglieder müssen sich – im Gegensatz zu den Fachausschüssen, die in der Regel einem Ministerium inhaltlich klar zugeordnet sind – mit allen Fragen befassen, die das Gremium erreichen. Petitionen behandeln hauptsächlich individuelle Anliegen und Problemlagen der Petenden. Gleichwohl gibt es daneben eine wachsende Zahl von sog. Massen- und Sammelpetitionen, die allgemeinpolitische Relevanz besitzen. Die kontinuierlich steigende Zahl der eingereichten Petitionen lässt sich vor diesem Hintergrund auch als Bedürfnis nach einem Mehr an politischer Beteiligung und Teilhabe lesen.

Bereits seit September 2005 können interessierte Bürgerinnen und Bürger Eingaben an den Deutschen Bundestag elektronisch einreichen. In den ersten drei Jahren wurden insgesamt 667 öffentliche Petitionen zugelassen und 7.000 nicht öffentliche Petitionen auf diesem Wege eingereicht. Über eine Million Personen haben öffentliche Petitionen mitgezeichnet und in gut 30.000 Beiträgen online diskutiert. Angesichts dieser Bilanz beschloss der Petitionsausschuss im letzten Jahr, den Modellversuch in eine dauerhafte Einrichtung umzuwandeln.

Öffentliche Petitionen können von den Bürger/innen einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen unter Verwendung eines hierfür vorgesehenen elektronischen Formulars an den Petitionsausschuss gesendet werden. Voraussetzung für eine öffentliche Petition ist, dass die Bitte oder Beschwerde inhaltlich ein Anliegen von allgemeinem Interesse zum Gegenstand hat und das Anliegen und dessen Darstellung für eine sachliche öffentliche Diskussion geeignet sind. Die Mitzeichnungsfrist, in der weitere Personen die öffentliche Petition mitzeichnen oder Diskussionsbeiträge abgeben können, beträgt sechs Wochen.

Eine Übersicht aller aktuellen Petitionen findet sich im Netz unter https://epetitionen.bundestag.de