mitarbeiten (4/2009)

Bürgerbeteiligung in Zeiten der Krise

Um der Bürgergesellschaft ein stärkeres Gewicht im politischen Prozess zu verschaffen, bedarf es neben einer »Demokratisierung der Demokratie« vor allem auch einer Selbstaktivierung der öffentlichen Institutionen. Sie müssen bereit sein, ihr verwaltungsförmiges Handeln zu verändern und sich auf die Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger einzustellen: dies ist ein Ergebnis des Forums für Bürgerbeteiligung und kommunale Demokratie, das Ende September von der Stiftung MITARBEIT in Kooperation mit der Evangelischen Akademie in Loccum durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die lokale Demokratie bürgernah gestaltet werden kann.

Die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise verstärkt den Vertrauensverlust gegenüber den demokratischen Institutionen und ihren Akteuren. Das schwindende Vertrauen berührt mittlerweile das »Ethos des egalitären Projekts Demokratie« als solches und gefährdet damit auch die Voraussetzungen für Bürgergesellschaft und Bürgerbeteiligung. Doch was ist zu tun?

Der Politikwissenschaftler Serge Embacher skizzierte im Rahmen seines Abschlussvortrages drei Thesen zur Zukunft der Bürgerbeteiligung in Zeiten der Krise und zeigte in dem Zusammenhang auf, wie »überlebenswichtig« eine engagierte und beteiligte Bürgergesellschaft insbesondere für die kommunale Demokratie ist. Nach seiner Ansicht erfordert eine erfolgreiche Krisenbewältigung vor allem ein mehr an Bürgerbeteiligung. Daher lässt sich die politische Bedeutung der Gestaltung der Rahmenbedingungen für Bürgerbeteiligung (Bürgerrechte und soziale Teilhabe, Empowerment zum Engagement, Vervielfältigung der Beteiligungsinstrumente, Ausweitung der Gestaltungs- und Entscheidungsspielräume) kaum überschätzen. Genau hier liegt die Verantwortung der politischen Akteure.

Gleichzeitig plädiert Embacher dafür, die demokratiepolitische Dimension des bürgerschaftlichen Engagements stärker in den Vordergrund zu rücken. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements bedeutet vor allem und immer auch Demokratieförderung. Voraussetzung dafür ist auf staatlicher Seite der Willen, aktiv Kompetenzen mit anderen Akteuren zu teilen und so die Beteiligung der Bürger/innen ernsthaft voranzutreiben.

Embacher schlägt vor, die Entwicklung des Gemeinwesens und die staatliche Politik maßgeblich am »Leitbild eines Neuen Gesellschaftsvertrags« zu orientieren, in dem Staat, Bürgergesellschaft und Wirtschaft einen jeweils tragenden Part übernehmen und in dem die Handlungslogiken der Sektoren wenigstens partiell überwunden werden.

Ein Rückblick auf die Loccum-Tagung unter www.mitarbeit.de/loccum2009.html. Ausgewählte Beiträge verschiedener Referent/innen der Tagung können im »Newsletter Wegweiser Bürgergesellschaft« 20/2009 nachgelesen werden.